eSports: Mehr Chancen als Risiken

34 Millionen Deutsche spielen regelmäßig Computerspiele, 10 Millionen Gamer würden sich in einem Verein engagieren. Welche Chancen in eSports stecken und mit welchen Risiken Video- und Computer-spiele verbunden sind, damit beschäftigten sich der amtierende FIFA-Weltmeister Mohammed „MoAuba“ Harkous und weitere Experten in einer kontroversen Diskussion im Norderstedter Kulturwerk.

 

Aus dem Leben eines Weltmeisters

Im August 2019 sichert sich Mohammed „MoAuba“ Harkous in London den WM-Titel in FIFA 19 und ist damit der erste deutsche FIFA-19-Weltmeister. Der 23-Jährige, der derzeit im Team FOKUS CLAN spielt, trainiert rund zwei Stunden täglich an der Konsole. Sein Training zuhause streamt er häufig, bindet die Zuschauer mit ein und gibt ihnen Tipps. Kurz vor großen Meisterschaften stehen, ganz wie beim Fußball, Trainingscamps mit Teamkollegen und Coaches an. Neben dem täglichen Training an der Konsole ist „MoAuba“ ein körperliches Training, welches ihn fit hält, als Ausgleich wichtig. Dieses findet er offline beim Fußballspielen. Das dort erlangte Wissen hilft ihm gleichzeitig bei FIFA. Trotz seines Erfolges ist sich der amtierende Weltmeister der zahlreichen Vorurteile gegenüber seiner Branche bewusst: „eSports erhält derzeit in Deutschland noch nicht die Anerkennung, die er verdient“, bemängelt er im Rahmen der Diskussionsrunde in Norderstedt.

 

Voller Einsatz für eSports erforderlich

Dass einige Sportvereine eSports-Abteilungen ins Leben rufen, sieht „MoAuba“ als positiv an, da durch die Nähe zu treuen Fußball-Fans eine eSports-Fangemeinde aufgebaut werden kann, eSports so mehr Aufmerksamkeit und Reichweite erhält. Doch sieht er auch hier noch Nachholbedarf: „Viele Fußball-Clubs gehen den Schritt zu eSports aktuell nur halbherzig, weshalb eSports-Organisationen, wie beispielsweise der FOKUS CLAN, derzeit die Nase deutlich vorn haben.“ Aus eigener Erfahrung weiß er, dass Unterstützung beim Training durch qualifizierte Coaches erfolgsentscheidend sein kann. Für den HSV ist der Einstieg in den virtuellen Fußball eine notwendige Ergänzung zum Kernprodukt Fußball, um die jungen Fußballfans zu erreichen. Zur zweiten Saison in der virtuellen Bundesliga wurde das Projekt weiter optimiert und das Team vergrößert: Vier Profis, zwei Nachwuchstalente und ein Trainer bilden das Profi-Team. „Mit dem Einstieg in den eSports unterstützen auch wir die Professionalisierung der blühenden Disziplin und interagieren so gezielt mit unseren jungen Anhängern.“, so Marleen Groß, Leiterin Marke und Marketing beim HSV und übergeordnet verantwortlich für eSports. Dabei achtet der Verein auf die Fitness der eSportler. „Nur wer auch mental und körperlich fit ist, kann an der Konsole langfristig erfolgreich sein. Daran arbeiten wir mit unseren Jungs und bieten eine gewisse Infrastruktur vor Ort an“, erzählt Groß im Norderstedter Kulturzentrum. Die eSportler des HSV haben daher einen Zugang zu einem stadionnahen Fitnessstudio und trainieren regelmäßig und teamintern im Volksparkstadion. Darüber hinaus organisiert der HSV Turnierformate für die eSports-Community, bei denen die Kombination von realem und virtuellen Fußball im Vordergrund steht: Am Ende gewinnt das Team, welches in der Gesamtwertung – auf dem grünen Rasen und an der Konsole – das beste Ergebnis erzielt.

 

Kein Sport, sondern Jugendkultur, die Role Models braucht

Dr. Christopher Grieben von der Deutschen Sporthochschule Köln hatte im eSports-Labor schon zahlreiche Vereine aus der virtuellen Bundesliga zu Gast. Neben Tests zu Fähigkeiten und Ausdauerleistung standen auch Bootcamps auf dem Programm, bei denen die Themenfelder Bewegung, Ernährung, Regeneration, Psychologie und IN-Game-Training beleuchtet wurden. Die Arbeitsgruppe eSports wurde vor fünf Jahren ins Leben gerufen. „Wir haben hier eine Jugendkultur vorliegen, die immer größer wird und gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen, wie beispielsweise lange Sitzeinheiten, aufweist, und die wir daher wissenschaftlich begleiten“, berichtet Dr. Grieben und setzt bei der Kommunikation mit Jugendlichen auf das Hervorheben der Chancen und Möglichkeiten anstatt der Gefahren: „Um eSports weiter voran zu treiben, auch auf Breitensportebene, brauchen wir Role Models wie MoAuba, die den Jugendlichen als Vorbild dienen und sie aufklären. Wenn wir nur sagen, eine zu lange Spieldauer ist ungesund, erreichen wir die Jugendlichen nicht. Sie hören uns eher zu, wenn wir sie darauf hinweisen, dass sie ihre Performance steigern können, wenn sie auch Ruhezeiten einhalten.“ Im Gegensatz zu lange bestehenden Sportarten fehlen beim eSports derzeit noch etablierte Trainingsmethoden. „Im eSports haben wir noch keine Erfahrungswerte, wie die Spieler am besten trainieren, noch keine Trainingsprinzipien, wie sie zum Beispiel im Fußball angewendet werden können. In diesem Bereich führen wir mit verschiedenen Bundesligavereinen Tests durch und untersuchen die Potenziale“, so der Sportwissenschaftler.

 

Struktureller Rahmen im Breitensport erforderlich

Ria Lissinna vom Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein e.V. sieht ebenfalls einen großen Handlungsbedarf beim Training: „Wir benötigen einen strukturellen Rahmen beim Training und bei Veranstaltungen mit digitalen Spielen, damit der Jugendmedienschutz gewährleistet wird. Es gibt Spiele, in denen Gewalt verherrlicht und Rollenbilder fragwürdig dargestellt werden. Daher müssen auch die kritischen Potenziale von Computerspielen deutlich gemacht werden.“ Ebenso müssten die Altersfreigabe für Spieler und Zuschauende und eine Qualifizierung der Leitenden beziehungsweise Trainer geregelt werden, gibt die Geschäftsführerin in der Diskussionsrunde zu bedenken. Diese Herausforderungen sieht auch Oliver Jankowski, Koordinator für Kinder- und Jugendbeteiligung (KJB) beim Jugendamt der Stadt Norderstedt. Beim ersten eSports-Turnier des KJB, welches am 21. März in Norderstedt stattfinden wird, gibt es deshalb ein umfangreiches Rahmenprogramm. Dort wird beispielsweise in Workshops zum Thema Game Design die Kreativität gefördert, aber auch in Vorträgen zum Thema Jugendschutz informiert. Insgesamt überwiegen für ihn die Chancen, das League of Legends Turnier durchzuführen: „Wir sehen im eSports die Möglichkeit, aufgrund des sportlichen Wettkampfs den Teamgeist zu stärken und Kinder und Jugendliche, die bisher alleine zu Hause spielten, zu ermutigen, sich einem Team anzuschießen, sich in Vereinen zu treffen und dort soziale Kontakte zu knüpfen. Schon jetzt ist der Erfolg sichtbar: Das Turnier wird maßgeblich von Jugendlichen angetrieben, die in ihrer Freizeit League of Legends spielen“, erzählt Jankowski. Für das Turnier hat er mehr Anmeldungen als erwartet erhalten und das Teilnehmerfeld von 8 auf 12 Teams erweitert. Wer zuschauen möchte, ist am 21. März herzlich im Seminarhaus Norderstedt willkommen.

 

Digitaler Stresstest von wilhelm.tel

Mit der Veranstaltungsreihe Digitaler Stresstest lädt wilhelm.tel mehrmals jährlich Kunden und Interessierte ein, um sich zu verschiedenen Themen der Digitalisierung zu informieren und zu diskutieren. Dabei nehmen Branchenexperten und Spezialisten das Publikum mit auf die Reise der Digitalisierung und zeigen die Chancen und Risiken.

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